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25.01.2023

Experten-Interview: Verfahren, Grenzen und fachliche Voraussetzungen für professionelle Reifenreparatur

Poing bei München, 25. Januar 2023. Entgegen der Einstellung vieler Verbraucher, müssen defekte Reifen nicht sofort ersetzt werden, sondern können in den meisten Fällen durch professionelle Reparatur noch lange sicher im Einsatz bleiben. Das schont die Umwelt und das Portemonnaie der Autobesitzer. Ludwig Ketzer setzt sich beim Reifenreparatur-Spezialisten REMA TIP TOP seit fast 40 Jahren dafür ein, dass Reifen möglichst lange genutzt werden, um Müll, CO2-Emissionen und Rohstoffverbrauch zu vermeiden. Im zweiten Teil unserer Interview-Reihe erläutert er gängige Verfahren und Grenzen der Reifenreparatur und erklärt, welche Voraussetzungen Reifenfachbetriebe mitbringen müssen, um professionelle Reifenreparaturen durchführen zu können.

Die Einsparung von Rohstoffen und CO2-Emissionen sowie Kostenvorteile sprechen eindeutig für die Reparatur von Autoreifen. Gibt es technische oder wirtschaftliche Grenzen für Reifenreparatur?

Eigentlich nicht, beim Pkw kann man nahezu jede Reifenverletzung reparieren, sofern der Reifen noch eine ausreichende Profiltiefe aufweist und zudem die Verletzung in den REMA TIP TOP Schadenstabellen als reparaturfähig ausgewiesen ist. Ausgenommen sind hier Plattrollschäden, die man selbst mit modernsten Reparatursystemen nicht beheben kann. Typische Verletzungen lassen sich jedoch in der Regel schnell und zuverlässig reparieren. Dazu zählen Schäden an der Seitenwand, die per Heißvulkanisation instandgesetzt werden. Stichverletzungen in der Lauffläche können bei Ausdehnungen von 3-6 mm sehr einfach mit Kombisystemen, z.B. dem TÜV-zertifizierten MINICOMBI von REMA TIP TOP, instandgesetzt werden. Bei größeren Verletzungen bis zu 10 mm kommt Heißvulkanisation zum Einsatz.

Was ist bei der Instandsetzung von Pkw-Reifen zu beachten? Welche Reparaturverfahren kommen zum Einsatz und worin unterscheiden sich diese?

Durch die Reparatur muss eine Verletzung dauerhaft abgedichtet und die Festigkeit im Verbund vollständig wiederhergestellt werden. Standard ist die Heißvulkanisation, bei der der Schaden mit einem speziellen Reparaturgummi verfüllt und die Karkasse durch ein entsprechendes Reparaturpflaster verstärkt wird. Dieses Verfahren benötigt spezielle Geräte und dauert länger als die Kaltreparatur - ca. 50 Minuten plus Abkühlung, die Montage ist nach dem Abkühlen sofort möglich. Bei der Kaltreparatur wird ein Kombisystem bestehend aus Teller und Schaft eingesetzt, das über eine Verbindungsschicht verfügt; Teller und Schaft sind bereits vulkanisiert, also elastisch. Eine Vulkanisierlösung beschleunigt bzw. aktiviert die Verbindungsschicht bei Raumtemperatur. Dadurch kann der Reifen sehr schnell wieder montiert und sofort genutzt werden.

Welche Voraussetzungen müssen Kfz-Betriebe mitbringen, um professionelle Reifenreparaturen durchführen zu können?

Die rechtliche Grundlage für die Reparatur von Schlauchlosreifen ist in der „Richtlinie für die Instandsetzung von Luftreifen“ festgehalten, die eine Erweiterung des Paragraf 36 der Straßenverkehrs- Zulassungsordnung (StVZO) darstellt. Dort sind sowohl die Beurteilung von Reifenschäden als auch die Reparatur und Instandsetzung von Reifenschäden geregelt. Ein Fachbetrieb muss in der Lage sein, den Reifen zu begutachten und zu überprüfen, ob dieser reparaturwürdig und reparaturfähig ist. Wenn das der Fall ist, darf der Reifen instandgesetzt werden. Die Aus- und Weiterbildung spielt im Bereich Reifenreparatur eine wichtige Rolle. Deshalb schulen wir Betriebe im Umgang mit unterschiedlichen Reparatursystemen für Motorrad-, PKW-, LKW-, Ackerschlepper- und EM-Reifen in der REMA TIP TOP Academy in Poing bei München.

Grundsätzlich sollten Fachbetriebe die Hinweise der Reifenhersteller und der Fachverbände, insbesondere des Bundesverbands für Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV), sowie die Empfehlungen der Hersteller von Reparatursystemen und -material genau beachten.

Welche Werkstattausstattung ist nötig, um Reifen professionell zu reparieren?

Das hängt im Wesentlichen von den Reifentypen und vom Verfahren ab. Für die Reparatur von Pkw-Reifen benötigen Werkstätten deutlich weniger Platz als für Lkw- oder Nutzfahrzeugreifen. Im einfachsten Fall genügt eine abgeteilte Reparaturecke mit einem hellen und sauberen Arbeitsplatz für Kaltreparaturen und einem Lager für Reparaturmaterialien und Reifen. Für die Heißvulkanisation ist in der Regel mehr Platz nötig. Zudem ein Vulkanisiergerät, ein Luftanschluss und/oder Kompressor und ein Lager für Reparaturmaterialien, das für Kautschuk kühl, dunkel und trocken sein muss. In jedem Fall lohnt es sich, lieber mehr Platz für die Reifenreparatur einzuplanen als zu wenig. Zu Details berät REMA TIP TOP seine Kunden gerne im Einzelfall oder in Schulungen für Fachbetriebe.

Vielen Dank für das interessante Gespräch Herr Ketzer!

Ludwig Ketzer ist Head of Global Product Management & Application AUT (Automotive) bei der REMA TIP TOP AG.